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Und alles nur, weil sie Juden waren
6.12.2024
Stolpersteine und Gedenktafel erinnern an jüdische Familie Meyerhoff

Von Thomas Brüggestraße
Körbecke. Eine Info-Tafel auf einem Edelstahl-Gestell erinnert jetzt an die letzte jüdische Familie im Ort, an das Schicksal von Metzger Meyer Meyerhoff, genannt Max, geboren 1869, und an seine Frau Henriette aus Soest, geboren 1876. Daran, dass sie Körbecker waren. Akzeptiert. Voll integriert ins Dorfleben. Dass sie großzügig waren und hilfsbereit. Dass Max Schützenbruder war in der katholischen Bruderschaft, dass sie zu den katholischen Festtagen ihr Haus in der Straße „Am Kirchplatz" immer mit Fahnen schmückten, so wie es alle taten im Ort. Dass Meyer die Feuerwehr mit gegründet hat, Schriftführer der Löschgruppe war. Daran, dass man diese Körbecker unter den Nazis aus dem Haus gezerrt und ins KZ verschleppt hat. Weil sie Juden waren. Meyer starb dort. Henriette wanderte nach dem Krieg zu ihrem Sohn nach Amerika aus.
Der Körbecker Hans Jungmann (81) hat den Anstoß dazu gegeben, vor der ehemaligen Metzgerei Stolpersteine zum Andenken an die Meyerhoffs zu verlegen. Gunter Demnig, Jahrgang 1947, ist der Erfinder und Macher der Stolpersteine. Er klopft jeden Buchstaben persönlich ins Metall, das den jeweiligen Stolperstein bedeckt. Für Meyerhoffs kam er im vergangenen Dezember persönlich nach Körbecke — er verlegt seit Beginn der Aktion im Jahr 1996 die ersten Stolpersteine in einer Stadt oder Kommune immer selber.
Hans Jungmann gab ebenso den Anstoß zur zusätzlichen Informationstafel. Er sammelte Spenden. Für Stolpersteine für Gestell und Material. Das Hotel Haus Griese stiftete Kost und Logis für Gunter Demnig. Jungmanns Wunsch: Man möge die Steine verlegen und auch regelmäßig putzen, damit sie gesehen werden. Man möge die Info-Tafel aufstellen und die Erinnerung an die Familie Meyerhoff nie verblassen lassen. Stellvertretend für alles unsagbar monströse Unrecht, das Deutsche ihren Mitmenschen angetan haben. Auch in Körbecke. Damit gerade die jungen Menschen lernen, wohin Ausgrenzung, Hass und Hetze führen. Gier und Habenwollen ebenso, denn es heißt, dass Meyerhoffs gerade deshalb verschleppt wurden, weil jemand von der Polizei vor Ort das Haus für sich haben wollte. Körbecker haben zugeschaut, wie man Meyerhoffs aus dem Haus trat. Körbecker haben nicht eingegriffen.
Archivarin Dr. Lena Lewald fand übers Jahr Fördergelder für noch ungedeckte Kosten, um das Projekt zu einem würdigen Ende zu bringen. Paula (16) und Georgina (16) von der Möhneseeschule enthüllten die Tafel beim offiziellen Gedenken der Gemeinde. Sie trugen eigene Texte vor. Dass man Menschen nicht erschrecken und bedrohen, Familien nicht zerreißen, Fehler von einst nicht wiederholen dürfe. Dass Frieden sein solle überall, und um den stehe es derzeit sehr kritisch. So schrieb es Paula. Dass die beiden Schülerinnen mit dem Putzen der Stolpersteine Respekt und Empathie zeigen wollten, denn noch heute spüre man die Folgen der Vergangenheit, so schrieb es Georgina.
Bürgermeisterin Maria Moritz sprach, ebenso Archivarin Dr. Lena Lewald. Sie stellte zum Tod von Meyer (Max) Meyerhoff fest: „Max war 1938 bereits nierenkrank und geschwächt. Im KZ Theresienstadt kam er 1944 als Folge der allgemeinen Mangelversorgung der Insassen und durch eine wahrscheinlich katastrophal schlechte Versorgung nach einer Operation zu Tode. Mord hat viele Gesichter, hier zeigt sich das im systematischen Aushungerns und der unterlassenen Hilfeleistung durch die Nazis." Deshalb klopfte Gunter Demnig „ermordet" in den Stolperstein für Meyer Meyerhoff, und nicht "verstorben".
Der katholische Pfarrer Ludger Eilebrecht begleitete den gemeinsamen Gesang von "Hevenu shalom alechem" (Hebräisch für den Wunsch 'Wir wollen Frieden für alle') auf der Gitarre.
Wer künftig die Info-Tafel an der Mauer zur Kirchwiese gegenüber der ehemaligen Metzgerei betrachtet, wird sogenannt Quick-Response-Codes (QR-Codes) entdecken. Die kann man mit einer Handy-App abscannen und gelangt so zu den Stolperstein-Seiten, die der WDR ins Netz gestellt hat.
Ob das Putzen der Stolpersteine ähnlich wie in Soest und anderen Städten einen festen Platz im Jahreskalender findet, das ließ Bürgermeisterin Maria Moritz auf Nachfrage offen. Sie werde sich aber dafür einsetzen, so lange sie Bürgermeisterin sei, versprach sie.
Dr. Lena Lewald gab auch diese Mahnung mit auf den Weg: „Für die Würde und die Menschenrechte jedes Einzelnen und ein Leben in Freiheit und Demokratie einzutreten, ist die Aufgabe eines jeden. Es ist eine trügerische Vorstellung, dass die seit 1945 geleistete Erinnerungsarbeit in Deutschland unsere Gesellschaft geprägt und gestärkt hat gegen rechtsextreme, rassistische und antisemitische Tendenzen. Sehr deutliche Signale aus unserer Gesellschaft zeigen, dass wir nicht ruhen dürfen. Wir müssen sicherstellen, dass die Erinnerung wach bleibt, die Geschichte nicht umerzählt wird und junge Menschen sich nicht abwenden und weghören."
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