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Du sollst den Fremden nicht bedrücken

23.1.2025

Die Predigtreihe zur Bundestagswahl ist ein voller Erfolg. Zum Auftakt in Meschede waren viele gekommen - ein Bericht von Elisabeth Patzsch,  Flüchtlingsbeauftragte im Kirchenkreis Soest-Arnsberg 

Sprach in der Predigt-Reihe „Du hast die Wahl“: Superintendent Dr. Manuel Schilling. Foto: Hans-Albert Limbrock
Sprach in der Predigt-Reihe „Du hast die Wahl“: Superintendent Dr. Manuel Schilling. Foto: Hans-Albert Limbrock

Von Elisabeth Patzsch

 

Meschede. Sonntagmorgen in Meschede kurz nach 9 Uhr. Es ist winterlich trüb und noch früh am Tag. Während vieles noch schläft, herrscht im evangelischen Gemeindesaal schon Betrieb. Da wird mit einem kleinen Chor der Kanon „Vergiss die Gastfreundschaft nicht“ eingeübt, eine Weltkarte aufgestellt, wo man markieren kann, an welchem Ort man geboren ist, das Vater unser in verschiedenen Sprachen verteilt, da steigt der Superintendent Dr. Manuel, der aus Soest angereist ist, in seinen Talar und in der Küche treffen iranische Geflüchtete letzte Vorbereitungen für die anschließende Mahlzeit.

 

Erst langsam füllt sich der Gottesdienst. Plötzlich drängelt es sich aber an der Tür und um 9.30 Uhr sind dann über hundert Menschen zu dem Gottesdienst „Du sollst den Fremden nicht bedrücken“ versammelt.

Der Gottesdienst stellt den Auftakt für die Gottesdienstreihe vor der Bundestagswahl „Du hast die Wahl“ des Kirchenkreises Soest-Arnsberg dar.

Die Gemeindepfarrerin Karin Neumann-Arnoldi begrüßt alle Versammelten. Die Lesungen werden in Deutsch und in Farsi gelesen, Carina Hesse, Leiterin der Diakonie-Flüchtlingsberatung in Meschede und Elisabeth Patzsch, Flüchtlingsbeauftragte des Kirchenkreises berichten davon, wieviel Bedrückendes und Erdrückendes Geflüchtete erleben und dass auch sie manchmal in der Begleitung an die Grenzen dessen kommen, was sie aushalten können.

 

Sie berichten aber auch von vielen Sternstunden und dass sie immer wieder die Erfahrung machen, dass es, obwohl die Unterschiede zwischen Menschen mit Fluchtgeschichte und uns Deutschen immer betont werden, so viel mehr Gemeinsames gibt. In seiner bewegenden Predigt macht Superintendent Schilling klar, dass er keine parteipolitischen Rezepte liefern kann, aber erzählen kann, was die Bibel zum Thema Fremdlinge sagt.

 

Die Bibel ist voll mit Geschichten von Migranten. In jeder dieser Geschichten wird deutlich, Gott will Diversität, Wärme, Menschenfreundlichkeit. Fast alle Menschen haben Migrationsgeschichte. Als Dr. Schilling während der Predigt fragt, wer der Anwesenden nach 1945 nach Meschede gekommen ist, erheben sich mehr als die Hälfte. Bei der Frage, wer nach 2015 nach Deutschland gekommen ist, steht ein Viertel der Besucher auf. Bei der Frage, wer in Meschede geboren ist, ist die Resonanz sehr überschaubar. Ein paar Flüchtlingskinder laufen in den Mittelgang und erzählen stolz, dass sie in Meschede geboren sind.

 

Superintendent Schilling beendet seine Predigt mit folgenden Worten: „Und so viel sei am Ende gesagt: eine Partei, die öffentlich die Missachtung und Geringschätzung von Menschen aus anderen Ländern befördert, ja sogar von deren Remigration träumt, eine solche Partei verstößt gegen Gottes Gebot, zieht Gottes Zorn auf sich und wird in der Kirche einen entschiedenen Gegner haben. Wer eine solche Partei wählt, wird von uns die Frage hören, wie er das mit dem christlichen Glauben vereinen kann.“

Im Fürbittengebet wurde die Bitten um Frieden und Respekt voreinander vor Gott gebracht. Das mehrsprachige Stimmengewirr beim Vaterunser war beeindruckend.

 

Im Anschluss an den Gottesdienst, es war inzwischen 10.45 Uhr, waren alle eingeladen zum iranischen Essen zu bleiben. Schon Mittagessen oder vielleicht Brunch? Fast alle folgten der Einladung. Es schmeckte auf jeden Fall köstlich und es ergaben sich viele Gespräche zwischen den Kulturen und den Generationen: ein buntes, sehr freundliches Miteinander, das zum Verweilen einlud. Danke für diesen Gottesdienst, wo Gastfreundschaft greifbar war. Auf dem Heimweg sagte ein Iraner: „Das war ein schönes Programm“. Bei vielen klingt der Gottesdienst noch nach, ganz besonders in Form des Kanons „Vergiss die Gastfreundschaft nicht, denn der, den du beherbergst und die, die du bewirtest, könnten Engel sein“.