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Unter dem Schatten asylpolitischer Debatten
31.1.2025
Dankesabend für Ehrenamtliche sorgt für viel Applaus

Von Julie Riede
Geseke. „Dank dem Ehrenamt“ – unter diesem Motto stand vergangenen Freitag im Evangelischen Emmaus-Gemeindezentrum eine Veranstaltung der besonderen Art. Aus verschiedenen Einrichtungen und Gemeinden waren ehrenamtliche Mitarbeiter:innen der Flüchtlingshilfe und des Kirchenasyls eingeladen worden, um miteinander zu speisen, ins Gespräch zu kommen, und sich einmal ausdrücklich feiern zu lassen. Unter dem Motto der Kircheasylausstellung „Zuflucht geben, gemeinsam hoffen“, die aktuell durch den Kirchenkreis wandert und zuerst in Geseke Station fand, sah der Abend ein internationales Buffet, zubereitet in weiten Teilen von Menschen aus dem Kirchenasyl, vor sowie einen Austausch über aktuelle Entwicklungen rund um das Kirchenasyl.
Ein Ehrenamt, wie der Name schon sagt, ist eine Tätigkeit, die ein Mensch aus tiefster Überzeugung, aus freien Stücken annimmt. Die evangelische Kirche ist auf Menschen wie diese vielfach angewiesen. Niemand dieser Menschen tut es, weil er Applaus hören will, sondern aus einem christlichen Gefühl der Nächstenliebe heraus. Doch genau dieser Applaus gebührt jedem, der seine kostbare freie Zeit in den Dienst einer Sache stellt, die er unterstützen möchte, egal wie schwierig es sein mag und vielleicht manchmal auch ausweglos es scheint.
Genau so steht es aktuell bei den Themen Flüchtlingshilfe und Kirchenasyl, an denen sich die Geister scheiden. In einer Zeit des rechtsgerichteten Populismus gerät das Kirchenasyl einmal mehr unter Beschuss, trauen sich immer weniger die Stimme zu erheben für Menschen, die bisweilen scheinbar ohne Rechte zum Spielball von Behörden werden. Asyl ist ein Pokerspiel in unserer Gesellschaft – wer darf rein, wer nicht, wer darf bleiben, wer soll weg – es gibt oft kein Logik und noch weniger Menschlichkeit; Hürden und Fronten sollen Hilfesuchende abschrecken und abweisen in diesem brutalen Spiel. Umso mutiger sind diejenigen, die sich diesem Bollwerk aus Bürokratie und Ablehnung stellen; jeden Tag aufs Neue, aus tiefster Überzeugung.
Das Kirchenasyl hat im evangelischen Kirchenkreis Soest-Arnsberg eine lange Tradition. Auch im Evangelischen Emmaus Gemeindezentrum in Geseke, diesem Ort des Willkommens und der Begegnung, ist es fest etabliert. „Das Kirchenasyl bietet nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch eine neue Lebensperspektive“, sagte Diakoniepfarrerin Susanne Klose Rudnick eingangs in ihrer Rede und erklärt hier in einem Satz das Kernanliegen ihrer Arbeit und das der Mitarbeiter:innen und Ehrenamtlichen.
„Die Menschen, die ankommen, selbst im Winter oft in Schlappen und dünner Kleidung und mit einem Rucksack. Oft frage ich mich: was ist in diesem einen Rucksack? Kleidung, Papiere, solche Dinge?“ berichtete Pfarrerin Kristina Ziemssen, die definitiv weiß, wovon sie spricht. Über 50 Menschen erhielten seit 2017 in ihrer Gemeinde Unterstützung und Obdach. Weitere Kirchenasyle gibt es in Weslarn und Soest, auch Marsberg im Sauerland war lange Jahre Zuflucht für verzweifelte Menschen, denen die Abschiebung drohte. Wieder aufblühen, lachen können, am Leben wieder teilnehmen können, Beziehungen knüpfen, am Ende gar einen Ausweis in den Händen halten und zu wissen, dass die Zukunft einem hier sicher ist. Das sind keinesfalls ausweglose Perspektiven, die den Menschen hier gegeben werden können.
Im Laufe des Abends kam auch Benedikt Kern zu Wort. Kern ist Theologe und arbeitet in Münster im Bereich Kirchenasyl und Politik. Er beschäftigt sich mit der Thematik seit 2014. In einem Vortrag berichtete er über die Bedingungen von Abschiebehaftanstalten, von den oft menschenunwürdigen Zuständen an europäischen Grenzen, von Elend und den Gefühlen von Ohnmacht und Ausweglosigkeit bei jenen Menschen, die Asyl suchen in einem, wie sie hoffen, sicheren Zufluchtsland. Kerns Forschungen beleuchten die Migrationsbewegung über Bulgarien und Europa. In einer Studie stellte er sich mit seinem Team die Frage: Was passiert mit Dublin-Rückkehrern?
Er kam einem System der Abwehr und der Unerbittlichkeit auf den Grund, in der das Schicksal von Individuen nichts zu bedeuten scheint.
Die harten Fakten: 6 Prozent der gescheiterten Abschiebungen scheitern aufgrund eines Kirchenasyls. Es gab noch nie so viele Menschen im Kirchenasyl wie heute, seit den 80ern ist die Zahl immer weiter angestiegen. Die Tendenz zeige auch: die Abschiebezahlen steigen. Gelder würden nun investiert in Abschiebeinfrastruktur wie Haftanstalten, statt in die Flüchtlingshilfe. Effektive Perspektivlosigkeit sei das Mittel der Wahl, um Menschen aus Deutschland wieder heraus zu drängen. Schlagwörter wie „Dossierverfahren“ und „Dublin-Frist“ waren für die Zuhörer:innen an diesem Abend Alltagsvokabular.
Die Anwesenden lauschten dem Vortrag über weite Strecken stumm, es war bedrückend was man hörte und auf den Fotos zu Kerns Vortrag sehen konnte. Trotzdem zeigte keines der Gesichter auch nur einen Funken der Entmutigung. Am Ende des Tages brannte alle voller Leidenschaft für ihre Arbeit. Daher endete der Abend auch nicht schweigend, sondern lachend, vereint in einem nicht klein zu kriegenden Gefühl des Zusammenhaltes und der Gemeinschaft. Es waren die Mutigen, die hier an den Tischen saßen, gemeinsam mit denen, welchen eine Stimme und eine helfende Hand gefehlt hat und die spürbar dankbar sind für jeden Strohhalm, der greifbar ist.
Informationen und Auskunft zum Thema Kirchenasyl gibt es bei Elisabeth Patzsch, Synodalbeauftragte für ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit, erreichbar unter der Telefonnummer 0151-67402893 oder der E-Mail: elisabeth.patzsch@evkirche-so-ar.de.
Die Flüchtlingshilfe kann nur durch Spenden weiter am Leben gehalten werden. Wer einen Beitrag leisten möchte ist hierzu herzlich aufgerufen. Spendenkonto: Bank für Kirche und Diakonie – IBAN: DE06 3506 0190 0005 0050 00 – Betreff: Flüchtlingshilfe 55100-210001


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