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Integration geht durch den Magen
24.4.2025
Erster multikultureller Kochkurs für Senioren

Von Klaus Bunte
Soest. „Willi, soll ich Dir beim Topfhalten helfen?“ Noch vor dem Mittagessen muss Wilhelm Blesken bereits so manchen Spruch schlucken. Seine Aufgabe besteht darin, den Kochtopf mit der Linsensuppe festzuhalten. Er ist der einzige Mann in der Runde, und der Hahn im Korb lässt nichts anbrennen, denn „wenn ich weggehe, kocht das über“. Und bevor ihm die Suppe endgültig davonläuft, hält er sie eben fest und erträgt stoisch die Seitenhiebe, die er für seine Kochkünste einstecken muss.
Für Blesken heißt es „mitgefangen ist mitgehangen“, denn er ist stellvertretender Vorsitzender im Seniorenbeirat, und der ist gemeinsam mit dem Integrationsrat Gastgeber dieses ersten „multikulturellen Kochkurses“ im Stadtteilhaus Soester Süden, an dem sich neben ihm ausschließlich Frauen aus acht Nationen beteiligen.
Initiiert wurde er von Karin Liedmann, die beiden Beiträten angehört. „So etwas wollte ich immer schon einmal machen“, erklärt sie. „Wir waren damals schon federführend beim internationalen Frauenfrühstück und bei vier internationalen Schwimmkursen für Frauen und Mädchen ab 16 Jahren.
Viele Köche verderben nicht immer den Brei
Doch auch Senioren sollten berücksichtigt werden, und am besten kann man sich kennenlernen beim Kochen. Dabei kommt man sehr schnell ins Gespräch. Man isst und räumt anschließend zusammen auf, und wie man hört, ergeben sich wahnsinnig gute Gespräche“.
Ziel sei es, dass die Teilnehmer sich später vielleicht auch privat treffen, daher sollen bei den weiteren Veranstaltungen jeweils unterschiedliche Personen teilnehmen.
In der Küche des Stadtteilhauses geht es in der Tat ebenso trubelig wie heiter zu. Im Epizentrum steht Sawsan Fazel. Die Iranerin ist Expertin in der arabischen und südasiatischen Küche und gibt an ihrem Wohnort Werl für die VHS etliche Kochkurse. Sie hat auch alle Zutaten für den Vormittag besorgt. Insofern ist sie den Trubel gewohnt, ist irgendwie an allen Stationen gleichzeitig und dennoch die Ruhe selbst.
Zu viele Köche verderben hier jedoch entgegen der allseits bekannten Weisheit aus zwei Gründen nicht den Brei. Erstens: Es gibt keinen Brei. Zweitens: Nicht alle kochen alles, sie haben sich auf vier Gruppen aufgeteilt, die folgende Speisen zubereiten: eine Linsensuppe als Vorspeise, sie ist besonders während des unlängst beendeten Ramadan beliebt, da sie den Körper nach dem Fasten stärkt und leicht verdaulich ist.
Dazu gibt es selbstgebackenes Kräuter-Knoblauch-Brot, dann als Hauptgericht Biryani (ein persisches Reisgericht) und Börek (gefüllt mit Feta und Mozzarella), als Beilage Fattoush (ein traditioneller Brotsalat aus der levantinischen Küche) und als Dessert Künefe (eine traditionelle türkische Süßspeise aus knusprigen Teigfäden und in diesem Fall mit einer Walnussfüllung).
Die meisten Zutaten gibt es in jedem Supermarkt, aber einige für den gemeinen Mitteleuropäer exotische Ingredienzien gibt es dann doch. „Was macht Ihr denn da, Sauerkraut?“, fragt Blesken, und rein optisch ist die Frage durchaus berechtigt angesichts der hauchdünnen Teigfäden namens Kataifi, also jenem „Engelshaar“, das man mittlerweile aus der sogenannten Dubai-Schokolade kennt.
Oder die hauchdünnen und elastischen Yufka-Teigblätter, und nicht zuletzt Sumach, ein im Geschmack an Zitrusfrüchte erinnernden Gewürz, das aus den getrockneten und gemahlenen roten Beeren des gleichnamigen Strauchs gewonnen wird. Und die ungewohnten Rezepte stellen gerade die Zielgruppe vor Herausforderungen: „Mein Geruchssinn und damit auch mein Geschmackssinn lassen wie bei vielen älteren Menschen nach“, meint eine Teilnehmerin.
„Was ich gewohnt bin zu kochen, das mache ich aus dem Handgelenk, da muss ich auch nicht mehr abschmecken. Hier dagegen hätte ich jetzt überhaupt keine Vorstellung davon, wie das schmecken muss.“
Verkehrt gemacht hat aber offenbar niemand etwas. Nach zweieinhalb Stunden ist alles fertig, am gemeinsamen Mittagstisch tauschen sich die Gruppen untereinander aus, und das, was übrig bleibt, wird eingetuppert, damit die Lieben daheim ebenfalls etwas davon haben. Auch Wilhelm Blesken hat es geschmeckt. Was den Weg dorthin angeht, sieht er aber doch Verbesserungspotenzial: „Beim nächsten Mal gehen wir das archaischer an: Dann machen wir draußen ein ordentliches Feuer und hängen einen Hammel am Drehspieß drüber.“ Bei Sawsan Fazel scheint der Quotenmann keinen schlechten Eindruck hinterlassen zu haben, denn sie fordert: „Wir brauchen mehr Opas
Anmeldung
bei der Seniorenbeauftragten der Stadt Soest, Petra Arlitt, unter E-Mail p.arlitt@soest.de oder Tel. 02921/103-2212.
